Ein Tagebuch einer Künstlerin während der Corona-Krise
- Stephanie Künzli Ycaza
- Apr 5, 2020
- 4 min read
Kapitel 1

Es gab einmal einen Sommer, da war ich fast jeden Tag an meinem Lieblingsplatz am Flussufer. Ich räumte Zuhause alles ein was ich brauchte, ein Buch, meine Kopfhörer, Früchte, eine Decke und mein iPad und lief los. Damals war das mein kleines Geheimversteck und ich teilte es nur mit Menschen, die mir wichtig waren.
Diese Erinnerung verblasste mit der Zeit als der Winter einbrach. Meine kleine Stadt verwandelte sich zu einem strassenleeren und kalten Platz. Nachts gab es kaum Fussgänger auf der Strasse und ich wandelte wie ein Fuchs durch die Strassen herum und beobachtete die Passanten.
Die Sehnsucht nach einem schönen sonnigen Tag, grünen Baumkronen und den Geruch nach Blumen und frischen Wind spiegelte sich in meinen Träumen wieder. Der Winter ging nur langsam vorbei und ich erwartete Sehnsüchtig den Frühling herbei.
Während dieser Zeit spielten sich auf dem ganzen Globus Abermillionen politische und wirtschaftliche Ereignisse ab. Ende 2019 begann die Welt die Luft anzuhalten. Was war geschehen? Wie beschreibt man diese immense Energie an Informationsflut und Fake-News? Ich war selbst sehr verunsichert und begann einfach überall zuzuhören. Wer war im Recht und wer im Unrecht? Wer war in dieser Situation der Experte und wer der Ignorant? Aber am allerwichtigsten war die Frage: Was mache ICH mit all dieser Information?
Während anfangs dieses Jahres die Welt nach China schaute, eröffnete ich mein neues Studio in Basel. Damals konnte ich einige Bilder für einen sehr guten Preis verkaufen und ich setzte alles auf eine Karte. Ich dachte: Du bist jung und mutig, Stephie! Du kannst das und wirst dieses Jahr als Geschäftsfrau wie auch als Künstlerin wachsen. Ich überzeugte meine Schwester mein Business Model in die Tat umzusetzen und zusammen kauften wir alle Möbel für das neue Studio.
Als unser Studio langsam Form annahm, kamen schon die ersten Neuigkeiten in Europa über das angekommene Coronavirus an. Anscheinend war Covid-19 schon in Europa angekommen und einige Länder, unter anderem Italien, ergriffen schon die ersten Massnahmen. Ich schaute mir die Neuigkeiten an und dachte mir: Werden wir in Europa genau so schnell handeln können wie China?
Ich hatte keine faktenreiche Antwort darauf und intuitiv wusste ich: Ich glaube nicht..
Es war Februar und ich gab meine ersten Workshops und Unterrichtsstunden in meinem neuen Studio. Es gab viele Buchungen und ich freute mich sehr auf die Eröffnungsfeier. Es schien als würde alles in einem guten Licht beginnen. Die Menschen waren neugierig und brachten Freunde und Familie mit. Ich lernte viele neue Gesichter kennen und war einfach nur dankbar für alles. Ich dachte: "Es fängt gut an!"
Damals habe ich viel Zeit in administrative Arbeit und Marketingstrategien investiert. Ich war hungrig, neugierig, zielorientiert und selbstsicher. Es war ein perfekter Anfang!
Und dann kam der Lockdown
Ich werde jetzt nicht über die Schliessung sprechen. Es war hart zu sehen, dass es uns, wirtschaftlich gesehen, getroffen hat. Meine Schwester als Hochzeitsfotografin und ich als selbständige Künstlerin. Jedoch war es eine mentale Entscheidung die Situation als etwas positives zu sehen. Wir wussten beide wie Glück wir haben in dieser Situation hier in der Schweiz leben zu dürfen. Kurz darauf gab es Hilfsprojekte, wie I care for you, die selbständig Erwerbende einen Grundlohn auszahlten. Wir waren einer der Glücklichen und können diesen Monat dank ihnen aufatmen. Vielen Dank!
Durch diese Hilfe kann ich diesen Monat mich 100% der Kunst widmen. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich nicht abgelenkt. Das bedeutet: Ich komme in mein Studio und kreiere den ganzen Tag - keine Administration, kein Marketing, keine Kundengespräche, keine Auswärtsbesuche, keine Galerien, keine neuen Kundenaufträge. Ich kreiere was ich wirklich denke, ich kreiere was ich wirklich fühle und ich kreiere ohne Zeitdruck und ohne finanziellen Druck. Für mich ist diese Situation nicht nur ein unglaublich wertvolles Geschenk, es ist auch eine Zeit um sich selbst in Frage zu stellen. Als grosse Liebhaberin der Philosophie und der wahrhaftigen menschlichen Natur bedeutet dass für mich..
Lerne dich selbst kennen
Und das tue ich zurzeit sehr intensiv. Ich durfte die letzten 2 Jahren viel neues über mich erfahren. Eine grosse Erkenntnis war: Ich bin eine „Highly Sensitive Person“ auch genannt HSP.
HOCHSENSIBILITÄT beschreibt keine Krankheit oder Makel, sondern einen Wesenszug.
In anderen Worten:
Hochsensible Menschen besitzen eine sehr feine Wahrnehmung. Manchmal ist es schwer im Alltag damit zurecht zukommen. Aber ich freue mich auf meinen neuen Entwicklungsweg mit meinen Mitmenschen feinfühlig sein zu dürfen und ich weiss, dass mich diese Gabe in vielen Bereichen helfen und Freude bereiten wird! Jeden Tag lerne ich etwas neues über diese Fähigkeit.
Und hier möchte ich gerne meinen Beitrag für Heute beenden. Ich werde Morgen mehr darüber erzählen.
Danke fürs lesen und bis bald!
Eure Künstlerin
Stephanie

"Die Unsicherheit ist und war schon immer ein Lebensumstand der Künstler. Wie du damit umgehst, entscheiden allein deine mentale Einstellung und deine Entscheidungen."
Meine Empfehlungen für heute:
Video:
Ich empfehle dir: The gentle power of highly sensitive people
von Elena Herdieckerhoff
Buch:
Ich liebe Bücher und lese viel und gerne. Besonders in diesen Zeiten brauchen wir Wissen, dass uns weiterhilft bessere Entscheidungen zu treffen. Hier mein Buchtipp:
Hier ein kleiner Einblick über die Logik:
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